Zwei-Gesichter-Karten in der Mitte von Kombination: Wenn beide Seiten wirken

Eine Herausforderung in der Dreierkombination

Zwei-Gesichter-Karten wie die Sense, der Berg oder die Mäuse zählen zu den anspruchsvollsten Symbolen im Lenormand. Ihre Wirkungsrichtung ist klar getrennt: Die linke Seite funktioniert anders als die rechte. Diese Funktion ist recht einfach zu handeln, wenn die Zwei-Gesichter-Karte am Rand einer Kombination liegt. Viele Deuterinnen haben das längst verinnerlicht – doch was passiert, wenn eine solche Karte in der Mitte einer Dreierkombination auftaucht?

In dieser Position ist beide Seiten offen. Links und rechts steht jeweils eine Karte, und beide werden von der mittleren Karte beeinflusst – allerdings auf ganz unterschiedliche Weise. Und genau darin liegt die Herausforderung.

Denn: Während sich die Wirkung zur einen Seite hin meist gut in das vertraute Deutungsmuster einfügt, passt die andere Seite häufig nicht mehr ins gewohnte Schema. Die Karte wirkt dort anders – ungewohnt, irritierend oder sogar widersprüchlich.

Wenn die gewohnte Herangehensweise nicht greift

Gerade bei psychologisch orientierten Deutungen zeigt sich: Mit den klassischen Regeln kommt man hier nicht mehr weiter. Eine Zwei-Gesichter-Karte in der Mitte lässt sich nicht einfach auf „eine Seite“ festlegen.
Beide Richtungen wollen gleichzeitig betrachtet werden. Und genau das verlangt ein Umdenken in der Herangehensweise:

  • Wie wirkt die Karte zur einen Seite hin – und warum genau so?
  • Was verändert sich, wenn man ihre Wirkung zur anderen Seite betrachtet?
  • Und wie lässt sich diese doppelte Ausstrahlung in eine stimmige Deutung integrieren?

Fall 1: Berg in der Mitte – „Das eine will ich, das andere nicht“

In dieser Konstellation kann der Berg einen besonderen Effekt haben, den ich für überaus nützlich halte. Zur linken Seite hin lässt er etwas durch, zur rechten Seite hin blockiert er vollständig. Auf psychologischer Ebene zeigt sich hier oft ein innerer Selektionsmechanismus: Ein Teilaspekt des Themas wird zugelassen, der andere konsequent abgewehrt.
Nicht selten, weil er Angst macht, überfordert oder in alte Schutzmuster drängt.

Beispiel:
Hund – Berg – Ring
Zur linken Seite liegt der Hund – Vertrauen, Freundschaft. Der Berg wirkt hier zwar noch hemmend, lässt aber grundsätzlich zu. Zur rechten Seite folgt der Ring – Beziehung, Verbindlichkeit. Doch genau hier blockiert der Berg vollständig.
Das Ergebnis: Nähe ist möglich – Bindung nicht.
Die Person lässt Vertrauen und Freundschaft zu, möchte Nähe – aber nur unter der Bedingung, dass keine feste Bindung entsteht. Ein klassischer Fall von „Das eine will ich – das andere nicht.“

Wichtiger Hinweis: Für mich ist der Berg immer so definiert, dass auf seiner rechten Seite der Aufstieg stattfindet. Es geht also bergauf – Verzögerungen, Verhinderungen. Auf der linken Seite geht es bergab und alles wird ein wenig lockerer. Wenn Sie die Seiten andersherum definiert haben, sollten Sie meine Angaben vertauschen, damit es in Ihr Deutungsschema passt.


Eine Ausnahme: Wenn beide Seiten blockieren

In selteneren Fällen zeigt der Berg zur linken und zur rechten Seite eine gleichzeitige Sperre.
Weder die eine Seite kommt durch, noch die andere.
Auf psychologischer Ebene entsteht dadurch ein Zustand vollständiger Starre. Kein Impuls, keine Resonanz, kein Weiterkommen.

Diese Deutung ist anspruchsvoll, weil sie nicht aus der Kartenstellung allein ableitbar ist.
Sie zeigt sich häufig erst im Zusammenspiel mit dem Thema, der Frage und dem Gesamtbild.
Ich möchte diese Ausnahme erwähnt haben, weil ich schon festgestellt habe, dass auch sie immer wieder mal vorkommt – wenn auch eher seltener.

Beispiel:
Mond – Berg – Schiff (wendet sich vom Berg ab und ist kein Bote in diesem Fall)
Zur linken Seite steht der Mond – Emotionen, Empfänglichkeit. Zur rechten Seite der Schiff – Vorankommen, Entwicklung. Beide Seiten bleiben blockiert.
Die Folge: Keine Entwicklung – kein Gefühl.
Die Person ist innerlich abgeschottet, weder empfänglich noch aktiv. Der Berg hält alles zurück – auf beiden Seiten.

Wie Sie mit Zwei-Gesichter-Karten umgehen, wenn eine Botenkarte auf sie trifft, erkäre ich in diesem Beitrag.


Fall 2: Sense in der Mitte – „Mittel zum Zweck“

Steht die Sense in der Mitte einer Dreierkombination, ist sie äußerst schwierig zu deuten. Ich behaupte sogar, dieses Konstrukt das ist herausforderndste von allen. Gerade bei psychologischen Deutungen lohnt es sich, den Blick zu erweitern – und die Kombination zielgerichtet zu lesen.

In dieser Lesart wird die Seite, in die die Sense schlägt, als Mittel oder Zweck verstanden.
Die andere Seite – jene, die als „Ernteseite“ zählt – zeigt das, was daraus entsteht.
Man benutzt etwas (bewusst oder unbewusst), um etwas anderes zu erreichen.

Diese Sichtweise erlaubt es, Handlungsmotive aufzudecken:
Was tut jemand – oder bezweckt jemand –, um eine bestimmte Reaktion oder Entwicklung herbeizuführen?

Beispiel:
Anker – Sense – Brief
Die Sense schlägt nach rechts – in den Brief. Es geht um Kontakt, Mitteilung oder Austausch. Zur linken Seite steht der Anker – eine Karte für Festhalten, Stabilität.

Deutung: Der Brief wird genutzt, um etwas zu halten oder zu sichern (Anker).
Nicht die Kommunikation selbst steht im Vordergrund, sondern das, was sie erreichen soll. Die Kontaktaufnahme dient dazu, eine Kontakt oder eine Kommunikation zu festigen – ganz gleich in welche Art von Verbindung.
Die Sense zeigt klar: „Ich schreibe, um etwas nicht zu verlieren.“ Dies könnte z.B. ein Vorteil oder eine zurückgehaltende Information sein, den man sich durch die andere Person erhofft.
Die Kommunikation ist nicht neutral – sie ist zweckgebunden.


Fall 3: Mäuse in der Mitte – „Das eine für das andere“

Die Mäuse zeigen in Mittelstellung nicht einfach eine doppelte Wirkung, sondern oft ein wechselseitiges Zusammenspiel zwischen den beiden Seiten.
Ein Thema wird abgeschwächt, damit ein anderes an Bedeutung gewinnen kann.
Oder umgekehrt: Etwas wird gestärkt – auf Kosten eines anderen Bereichs.

Diese Art von Wirkung lässt sich besonders bei psychologischen Deutungen beobachten, in denen eine innere Gewichtung stattfindet: Nicht beides zugleich, sondern eine bewusste oder unbewusste Prioritätensetzung.

Beispiel:
Bär – Mäuse – Lilie
Links der Bär – ein Symbol für Einfluss, Stärke, Kontrolle.
Rechts die Lilie – steht für Frieden, Entgegenkommen, Förderung.

Die Mäuse vermindern die linke Seite, um die rechte zu stärken.
Deutung: Die Person reduziert ihren Einfluss oder ihre Kontrolle, um einen friedlicheren, harmonischeren Umgang zu ermöglichen.
„Weniger Durchsetzung – mehr Miteinander.“

Was ist zu beachten?

Ob die Mäuse in der Mitte etwas vermindern, um etwas anderes zu fördern, oder etwas vermehren, um einen anderen Bereich zurückzunehmen, lässt sich nicht pauschal festlegen.
Die Leserichtung allein reicht nicht aus.

Entscheidend ist immer:

  • Was wurde gefragt?
  • Worum geht es thematisch – Bezug zum gefragten Thema?
  • Welche Seite ist für die betreffende Person aktuell bedeutsamer?

Erst im Zusammenhang mit der konkreten Situation ergibt sich, welche Seite durch die Mäuse verstärkt und welche geschwächt wird. Umso wichtiger ist es, dass Sie fest determiniert haben, wohin die Mäuse generell in Ihren Legungen fressen und vermehren. Diese Ausrichtung muss feststehen, um Deutungschaos zu vermeiden. Für mich persönlich fressen die Mäuse immer nach links (egal, wie sie abgebildet sind) und vermehren nach rechts.


Fall 4: Fuchs in der Mitte – „Der Grund des Zweifels“

In der klassischen Deutung des Fuchses als Zwei-Gesichter-Karte gilt eine einfache Regel:
Das, wovon er sich abwendet, ist richtig und ehrlich.
Das, worauf er schaut, ist unecht oder falsch.

Ich handhabe es so, dass für mich der Fuchs immer nach links schaut. Dementsprechend habe ich auch den Fuchs in meinen Kartendecks so ausgerichtet.

Diese Grundformel funktioniert in vielen Situationen. Aber psychologisch betrachtet stößt diese Herangehensweise an ihre Grenzen, denn wenn der Fuchs in der Mitte liegt, reicht es nicht, seine Blickrichtung isoliert zu betrachten. Hier verbindet er beide Seiten miteinander – und zwar über eine klare Ursache-Wirkung-Kette.

Die psychologisch stimmige Regel lautet daher:
Das, was im Rücken des Fuchses liegt, ist der Grund für das, was er im Blick hat.

Das bedeutet: Der Fuchs schaut nicht zufällig misstrauisch auf ein Thema. Vielmehr erklärt die Karte hinter seinem Rücken, warum er das Thema vor ihm kritisch oder unecht erscheinen lässt. Damit entsteht ein logischer Zusammenhang, der sich leicht nachvollziehen lässt.

Beispiel:
Haus – Fuchs – Eulen

  • Die Eulen stehen für Unverbindlichkeit und Unbeständigkeit.
  • Der Fuchs wendet sich von ihnen ab und schaut nach links.
  • Das Haus steht für Vertrauen.

Klassisch würde man sagen: „Unverbindlichkeit ist richtig, Vertrauen ist falsch.“
Doch psychologisch greift das zu kurz. Stimmiger ist:
Die Unbeständigkeit (Eulen) ist der Grund dafür, dass Vertrauen (Haus) nicht als verlässlich wahrgenommen wird.

Die Person erlebt die Situation als wechselhaft – und genau deshalb wird Vertrauen in einer Person oder Situation infrage gestellt.
👉 „Weil es keine Beständigkeit gibt, fühlt sich Vertrauen falsch an.“
👉 „Die Unverbindlichkeit erklärt, warum kein volles Vertrauen schenken kann.“

Die Position einer Zwei-Gesichter-Karte in der Mitte einer Dreierkombination ist eine anspruchsvolle Herausforderung, weil beide Seiten gleichzeitig wirken und unterschiedliche Impulse aussenden. Genau darin liegt ihr Wert: Sie eröffnet die Möglichkeit, verschiedene Ebenen wahrzunehmen und bewusst zu unterscheiden.

Gerade bei solchen Karten ist es hilfreich, innezuhalten und beide Wirkungen gleichwertig zu beachten. Oft zeigen sich darin keine Widersprüche, sondern Spannungsfelder, die viel über Wünsche und Grenzen aussagen. Wer diese Nuancen erkennt, gelangt zu einer tiefgründigen und ehrlichen psychologischen Deutung.

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