Drei Mythen über die Große Tafel im Lenormand

3 Mythen über die Große Tafel im Lenormand

Drei Mythen über die Große Tafel im Lenormand stehen heute im Fokus dieses Beitrags. Es wird viel darüber gesprochen, was man beim Deuten der Lenormandkarten alles tun sollte. Jedoch gibt es viel zu wenig Aufklärung darüber, was man nicht tun sollte! Heute sehen wir uns genau an, welche Fehler beim Deuten der Großen Tafel am häufigsten vorkommen – und das nicht nur bei Anfängern, sondern auch bei Fortgeschrittenen. Übrigens erscheint demnächst mein neues Lehrbuch, worin ich viele weitere Mythen rund um die Welt der Lenormandkarten entlarve.

1. Alle Karten hinter einer Personenkarte stellen ihre Vergangenheit dar

Die Theorie, dass alle Karten hinter einer Personenkarte zu ihrer Vergangenheit zählen, ist aus meiner Sicht der am weitesten verbreitete Mythos über die Große Tafel. Der Theorie zufolge wird die gesamte Seite an Karten, die hinter der fragenden Hauptperson liegen, ihrer Vergangenheit zugeordnet. Nur die Karten, die sich vor der fragenden Hauptpersonenkarte befinden, zeigen demnach ihre Zukunft. Die logische Schlussfolgerung: Liegt die Haupterson am Rand des Kartenbildes besitzt sie entweder nur eine Vergangenheit und keine Zukunft, oder umgekehrt. Somit wird die Sichtweise auf ihre Geschichte und ihr darauf bezogenes Anliegen im wahrsten Sinne des Wortes einseitig.

Dass diese Deutungstheorie in der Praxis kaum sinnvoll einsetzbar ist, liegt auf der Hand. Stellen Sie sich eine Lebensberatung vor, wo Sie der Klientin anhand ihrer ungünstigen Lage am Rand des Kartenbildes mitteilen müssen: „Über Ihre Vergangenheit kann ich Ihnen viel sagen, über Ihre Zukunft leider nichts“. Eine äußerst unprofessionelle und unpraktikable Vorgehensweise, die Beraterin und Klientin gelinde gesagt unzufrieden stimmt.

Ich weiß nicht, wer diese Theorie erfunden hat. Sie hält sich jedoch seit Jahren hartnäckig. Grundsätzlich halte ich die Vergangenheit für weniger interessant als die Zukunft, zumindest beim Kartenlegen. Denn die Vergangenheit ist der Klientin bekannt, über die zukünftigen Entwicklungen und Möglichkeiten möchte sie mehr erfahren. Darum messe ich der Vergangenheit im Rahmen der Großen Tafel nur eine gerine Bedeutung bei. Wohingegen die Zukunft und auch die Gegenwart den Raum des Kartenbildes füllen, unabhängig davon, wo die fragende Person zu Liegen kommt.
Einen weiteren großen Deutungsfehler finden Sie übrigens in diesem Beitrag.

2. Als Anfänger direkt in die Große Tafel einsteigen

Jeder, der mit dem Kartenlegen beginnt, wünscht sich so schnell wie möglich mit der Großen Tafel zu arbeiten. Sie ist der Favorit unter den Lenormand Legesystemen. Jedoch sieht ihre Deutung viel einfacher aus als sie ist. Denn bei der Großen Tafel handelt sich um ein hochkomplexes Werkzeug für die Masterclass des Lenormand – eine Kunst, die gründlich und geduldig erlernt sein möchte. Selbst Fortgeschrittene haben häufig Probleme, sich in der Großen Tafel zurechtzufinden. Ohne eine profunde Anleitung der umfangreichen Deutungstechniken findet man kaum den Weg durch den Dschungel der Großen Tafel. Man bleibt in einem Dickicht aus Kombinationsästen und Querverbindungen hängen und verliert komplett den Überblick.

Zudem erfordert das Große Blatt Kombinationsgeschick und somit reichlich Praxiserfahrung im Kombinieren. In keiner anderen Legeart hängen die Karten so engmaschig zusammen wie in der Großen Tafel. Bei der Deutung der vielschichtigen Kombinationen schleichen sich allzu leicht Fehler ein, die sich dann durchs ganze Bild ziehen. Abgesehen davon gibt es etliche weitere Fallstricke und Irrwege, welche die Interpretation verfälschen.

Ich würde jedem Anfänger davon abraten, bereits in den ersten Monaten mit der Großen Tafel zu arbeiten. Da man als Anfänger in den meisten Fällen mit der Komplexität der Großen Tafel überfordert ist, entstehen Frust und Zweifel an den eigenen Fähigkeiten. Doch keine Sorge! Die Zeit der Großen Tafel kommt für jeden, der sich intensiv und dauerhaft mit dem Lenormand beschäftigt.

Von jemandem, der gerade begonnen hat, eine Fremdsprache zu erlernen, würde man auch nicht erwarten, dass er direkt Seiten aus einem literarischen Werk übersetzt. Es spricht nichts dagegen mal hier und da spielerisch in eine Große Tafel hineinzuschnuppern, jedoch zunächst ohne die Absicht einer ernstzunehmenden Interpretation. Erst wenn Sie ausreichend Deutungserfahrung aus kleineren Legungen und Kombintionsübungen gesammelt haben, macht der Einsteig nicht nur Sinn, sondern auch Spaß.

3. Mit der Großen Tafel kann man alles beantworten

Die Große Tafel ist ein umfangreiches und vielschichtiges Werkzeug zum Deuten der Karten. Aber nicht immer ist sie die Lösung für alles! Oftmals meinen wir, alles in der Großen Tafel erkennen und beantworten zu können. Jedoch ist sie für einige Themen und Fragen viel zu komplex. Vor allem, wenn wir detaillierte Fragen haben, kommen wir in der Großen Tafel kaum weiter. Man muss sich bewusst machen, dass dieses Legesystem am besten dazu geeignet ist, einen Überblick über eine Situation zu verschaffen. Besonders gut kann uns die Große Tafel die Art und Qualität zwischenmenschlicher Verbindungen aufzeigen. Das sind Vorteile, die kaum eine andere Lenormand Legung in dieser Dimension bietet. Dennoch verfügt die Große Tafel wie jedes andere Legesystem auch über klare Nachteile.

Sobald wir aber nicht eine Situation im Ganzen betrachten wollen, sondern lediglich einen Ausschnitt davon, ist die Große Tafel nicht das richtige Mittel. Schlichtweg deshalb, weil sie zu viele Informationen anbietet, die kaum voneinander zu isolieren sind. Lassen Sie mich einen Vergleich ziehen. Wenn Sie für Ihren Garten oder Balkon neue Pflanzen wollen, gehen Sie in ein Gartencenter und werden dort unter eine großen Auswahl an gängigen Pflanzen fündig. Suchen Sie allerdings eine ganz bestimmte englische Rosenart, die auf einer besonderen Kreuzung beruht, können Sie im Gartencenter lange alle Blumen absuchen. Sie werden zwar Rosen finden, aber nicht die gesuchte. Diese ist nur bei einem speziellen Züchter erhältlich. Ähnlich verhält es sich mit detaillierten Fragen, worauf Sie nur mit speziellen Legesystemen Antwort kriegen, nicht aber im riesigen Sammelsurium der Großen Tafel.

Ein Beispiel

Angenommen Sie möchten ein Beziehungsthema untersuchen. Als erstes wenden Sie sich an die Große Tafel. Fragen Sie diese: „Wie geht es im nächsten halben Jahr mit der Beziehung zwischen X und Y weiter?“ werden Sie garantiert eine Fülle von Informationen erhalten, die Sie für sich zu einer vernünftigen Antwort zusammenbauen können. Die Große Tafel hat voll und ganz Ihren Zweck erfüllt.

Möchten Sie aber nun ganz speziell wissen, wie Sie sich in einer Situation nach einem Beziehungskonflikt verhalten sollen, wird Ihnen die Große Tafel darauf keine konkrete Antwort bieten. Erstens weil Sie nicht konkret danach gefragt haben (Sie wollten ja wissen, wie es insgesamt weitergeht). Zweitens, weil diese Antwort in der Fülle an Informationen kaum oder gar nicht gefiltert werden kann. Selbst wenn Sie bei den Ruten schauen, bekommen Sie dort nur eine generelle Info über das Konfliktpotential der Beziehung, nicht aber eine Ansicht über die konkret befragte Situation! Diese Unterscheidung ist enorm wichtig, um nicht falsche Informationen aus der Großen Tafel herauszulesen.

Was ist die Lösung? Die Große Tafel ist mit allen anderen Legearten kompatibel. Machen Sie doch einfach eine kleine 3-er Kombi (Minilegung) dazu und Sie wissen auf einen Blick und so konkret wie möglich, wie Sie sich in diesem Streitfall verhalten sollen. Je konkreter oder detailbezogener die Frage, desto kleiner das Legesystem. Das ist eine der Kerngrundregeln des Lenormand. Die Große Tafel ist definitiv kein Universalrezept für alle Fragen.
Wie ich eine Große Tafel komplett deute, zeige ich Ihnen in diesem Video.
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